Ich vermisse. Nicht.

Neulich hörte ich mich sagen:

„Ehrlich gesagt vermisse ich meine Arbeit null.“

Und dann war ich einen Moment ganz still, weil mich dieser Satz selbst so überraschte.

Ich gehöre definitiv zu den Selbstverwirklicherinnen, die in ihrer Arbeit immer Sinn, persönliche Entwicklung und Bestätigung gesucht haben. Anders kann ich die Arbeit als Freiberuflerin auch nicht vor mir rechtfertigen, verstößt sie doch gegen eine ganze Menge soziale Standards, die ich eigentlich eingehalten wissen möchte. Und tatsächlich gehören zu meiner Arbeit einige Projekte, die mir all das gegeben haben.

Und natürlich weiß ich noch nicht, wie sich die Elternzeit in drei Monaten anfühlen wird. Und denke auch manchmal mit Schrecken daran, wie ich mein Arbeitsleben ab 2017 organisieren soll, wie schwierig das Zeitmanagement wird, und was ich alles so bald nicht wieder werde machen können.

Vor Jahren las ich Bascha Mikas Buch „Die Feigheit der Frauen“, las vom Vorschieben des Privatlebens, vom Hintenanstellen der Karierre vieler Frauen, und es erschien mir sehr einleuchtend. Mir würde das nicht passieren, ich würde meine beruflichen Interessen nicht hinter meinen privaten einordnen!

Schon lange weiß ich, dass ich so nicht bin, und mein Kind bestätigt mich darin einmal mehr. Und mehr noch: Ich finde, dass Bascha Mika einen wichtigen Punkt verdreht, oder besser: Einen verdrehten Punkt nicht zurückdreht (Kann man einen Punkt überhaupt verdrehen? Egal, Punkt vor Strich, mit einem Flachwitz aus der Affäre gezogen.)

Möglicherweise liegt der Fehler vieler Frauen nicht darin, ihr berufliches Streben dem Privatleben unterzuordnen, sondern vielmehr darin, nicht wütend zu thematisieren, dass das Privatleben offenbar untergeordnet werden soll, wenn sie Erfolg haben wollen. Und wieso zum Teufel sollte sich irgendjemand zwischen Beruflichem und Privatem entscheiden WOLLEN? Männer wie Frauen wollen wohl beides?

Und ich genieße jetzt eben mal mein Privatleben:
Ich habe seit Monaten nicht mehr gedoodlet.
Die Rede von Carolin Emcke habe ich nicht hastig in einzelnen Zitaten überflogen, sondern ganz gehört.
Und ich bin jeden Tag im Hellen draußen.

Und dann habe ich auch noch ein Kind, und das ist sehr unterhaltsam.

So. Es ist 20:19 Uhr. Wer heute „noch was machen muss“, darf mich jetzt eine Runde beneiden.

Ein Gedanke zu „Ich vermisse. Nicht.“

  1. Lustig wie sich das gleicht. Vor K1 dachte ich, die Frauen sind ja blöd, die nur zuhause bleiben beim Kind, wie langweilig, unemanzipiert, gehirnlos. Der Mutterschutz kam dann in einer Phase, in der ich sehr die Nase voll hatte von der beruflichen Situation. Als die Elternzeit rum war, musste ich arbeiten (sonst kein Geld für Essen und so) und fand es furchtbar das weinende Kind beim Vater zu lassen – wurde aber besser und irgendwann war es dann ganz gut mit dem Arbeiten – ich hatte auch so langsam aber sicher das Gefühl zu verdummen, allein beim Kind und mit sozialer Phobie. Mehr als halbe Tage habe ich aber gehasst. Und K2 kam dann in einer kompletten keine-Lust-Phase. Jetzt gerade überdenke ich so ungefähr alles, was eigentlich mal mein Plan war. Auch dank dem EuGH.
    Und manchmal wär ich am liebsten frei vom Zwang, irgendwie Geld ranschaffen zu müssen. Irgendwann sind wir eh tot, da ist das mit dem Geld dann auch egal, mh? Vielleicht finde ich ja bei der CSU einen reichen Gönner für Hausfrauen. Oder ich mache doch was aus meinem Traum vom Laden mit integrierter Kita. Kann ich dann nur nicht bezahlen. Danke, EuGH (kann man nicht oft genug sagen).

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